Rümlang als Homebase für Baseball-Kids
In Rümlang werden Base- und Softball-Talente geformt. Die Rümlang Kobras bieten Heranwachsenden die Möglichkeit zum Erlernen und Mitwirken in einer nicht alltäglichen Team-Sportart.
In Rümlang werden Base- und Softball-Talente geformt. Die Rümlang Kobras bieten Heranwachsenden die Möglichkeit zum Erlernen und Mitwirken in einer nicht alltäglichen Team-Sportart.
Rümlang. Jeden Mittwochabend frönen den Winter hindurch die Kinder unabhängig vom Geschlecht im Alter von rund 6 bis 15 Jahren in der Turnhalle Heuel einer abwechslungsreichen Team-Sportart, einen zusätzlichen Termin gibt es noch jeweils am Montagabend in Höngg. Die Rümlang Kobras sind die Junioren-Sektion des in der Stadt Zürich beheimateten Baseball- und Sofball Clubs Zurich Barracudas, der seine Heimspiele in Schwamendingen austrägt. Die Kobras sind seit 1995 in Rümlang ansässig. Von April bis Oktober trainieren die Kobras draussen auf ihrem Heim-Feld in Rümelbach, wo sie auch ihre Liga-Spiele austragen.
Bei den Mädchen ab 15 Jahren und Frauen, die hierzulande diesen Sport mitprägen, heisst es Softball. Gewisse Regeln, die Entfernung der Abschläge oder die Ausrüstung, unterscheiden sich etwas zwischen den Geschlechtern. Unabhängig von den Geschlechtern gilt: Gefragt ist gezieltes Werfen, Fangen des Balles oder diesen mit dem Schläger wirkungsvoll zu treffen, dazu rasch laufen beziehungsweise sprinten. Auf diese Anforderungen werden Baseball- und Softball-Begeisterte getrimmt. Die Sportart ist in gewissen Grundzügen mit einem Mattenlauf in einer Schulsport-Stunde vergleichbar, allerdings befindet sich im Baseball nur maximal ein Akteur auf einer sogenannten Base. «Nachhause-Laufen» ist in beiden Fällen das Ziel. Teilweise gibt es individuelle Einheiten für die spezifischen Anforderungen. Pitcher, First Base oder Outfield - das sind einige der Positionen, auf denen Spieler innerhalb einer Partie aktiv sind.
Bei den Rümlang Kobras ist der Rümlanger Markus Gerber für die Nachwuchsbewegung verantwortlich. «Auf U8-Stufe haben wir momentan vier, im U12- und U15-Bereich sind es je gut ein Dutzend Aktive im Klub», führt Gerber aus, der selbst als Quereinsteiger in den Sport gekommen ist und bei den Trainings auch noch als Assistenztrainer wirkt. Laut Gerber rekrutiert sich der Baseball-Nachwuchs hierzulande weniger über mediale Aufmerksamkeit. Denn selbst die jeweils im November im Programm stehenden «World Series», der Playoff-Final der nordamerikanischen Königsliga, der Major League Baseball (MLB), wird ausserhalb der hiesigen Szene kaum wahrgenommen.
Auch seien es weniger Filme, die Kinder in der Schweiz zu diesem Sport führten. «Es ist eher Mund-zu-Mund-Propaganda, also über den Freundeskreis in der Schule und so weiter, welche die Kinder zu uns bringt. Oder auch über eine Schulsport-Schnupperstunde», führt der gebürtige Bieler aus. Gerbers Sohn Philipp und Tochter Sina sind ebenfalls im Verein aktiv. Der Neunjährige Philipp sagt: «Mein Vater hat Verwandte in den USA. Aber ich bin hier zum Sport gekommen. Als ich etwa vier Jahre alt war, sah ich ein Spiel live und sagte mir dann, dass ich dies auch machen möchte.»
Philipp gefällt am Baseball die Rolle des Schlagmanns, dem sogenannten Batter. «Vor den Weihnachtsferien war ich darin sehr gut. Jetzt muss ich wieder ein wenig reinkommen dabei.» Philipp möchte es im Baseball ins Schweizer Junioren-Nationalteam schaffen. Ambitionen auf ein Engagement in Übersee hegt er indessen nicht. «Ich finde es hier schöner. Hier ist meine Heimat.» Also die MLB kein Traumziel? Schliesslich hatte der heute 18-jährige Dominic Scheffler seine Karriere einst ebenfalls bei den Rümlang Cobras gestartet - und dann vor einem Jahr als erster Schweizer überhaupt in der MLB einen Vertrag unterschrieben. Und zwar auf der Position des Pitchers (Werfer) bei den Cincinnati Reds. Er gehörte zuletzt innerhalb der Organisation Cincinnatis Farmteam an, den Arizona Complex League Reds. Der Drittklässler Philipp von den jetzigen Rümlang Kobras ist derweil der einzige Schüler seiner Klasse, der diesem Sport nacheifert. Daheim schaut er manchmal mit seinem Vater gezielt TV-Berichte aus den USA an.
Bei den bis achtjährigen Kobras spielen die Söhne des US-Einwanderers Michael Maupin mit. Die Zwillinge Maddox und Blixa sind laut der U8-Trainerin Eva Stefan sehr begabt, wobei man die Baseball-Knirpse in diesem Alter «T-Baller» nennt. Spiele bestreiten die Achtjährigen noch nicht. «Ein bisschen spielen und rennen, fangen und Körperbeherrschung und vor allem der Spass steht in diesem Alter noch im Vordergrund», betont die frühere Softballerin aus Tschechien, das im Softball aktuell zu den europäischen Top-Nationen zählt. Der Vater der Zwillinge Maddox und Blixa war beim Training anwesend. «Ich selbst spielte daheim in den USA Baseball, aber auch Basketball und Fussball, ebenso war ich im Ringen aktiv», erzählt Maupin.
Der Expat wollte seine Kinder ursprünglich in Zürich in einen Fussballklub integrieren. Wegen des enorm hohen Zuspruchs in den Vereinen wäre dies aber höchstens nach einer langen Wartezeit möglich geworden. Deshalb habe er die Buben gefragt, ob auch Baseball für sie infrage käme. Und tatsächlich begeisterten sich seine beiden Sprösslinge von Beginn an für diesen Sport, auch wenn sie ausserhalb von Klubstrukturen nach wie vor auch Fussball spielen. Der Nachwuchshoffnung Maddox gefallen im Baseball neben dem Ballfangen und dem Abschlagen vorab auch die Übungen zum Aufwärmen wie er gegenüber dem «Rümlanger» ausführt. Sein Vater betont: «Die Kobras sind ein ganz toller Verein. Es ist wirklich hervorragend organisiert, sie lernen hier viel. Und der 'Vibe' ist einfach sehr gut.» Maupin stammt aus der US-Kleinstadt Danbury im Bundesstaat Connecticut. Von dort sind es nur rund 80 Kilometer zum Heimstadion der New York Yankees, dem mit Abstand berühmtesten Baseball-Team der Welt. Im November 2000 kochte das Baseball-Fieber in New York und Umgebung fast über, als sich die Stadtrivalen Yankees und Mets in den World Series duellierten. 20 Seiten Baseball pro Tag waren da in den New Yorker Tageszeitungen Standard. «Das war ein Traum damals», erinnert sich Maupin mit einem Glänzen in den Augen zurück.
Die dunkelblaue Baseball-Mütze der Yankees gilt nicht erst seit jener Zeit als It-Accessoire, das vorab auch von Hollywood-Grössen beiderlei Geschlechts getragen wird. Aber auch die klubeigene Mütze der Kobras ist ein absoluter Hingucker und wirkt sowohl keck als auch schick. In der Jahresmitgliedschaft bei den Kobras (250 Franken pro Jahr, die U8-Kids 200 Franken), ist diese stylishe Kopfbedeckung inbegriffen. «Die Aufwendungen für die Eltern im Vergleich zum Mitmachen in einem Fussballklub sind höchstens minim höher», betonen die Verantwortlichen der Kobras. Die Ausrüstung umfasst unter anderem Nockenschuhe wie im Fussball, den Fang-Handschuh, eine Trainingshose, ein Trainings-T-Shirt im Klubdesign sowie ein Tiefschutz für die Buben. Der Erwerb eines Schlägers ist nicht erforderlich. Dieser wird im Training zur Verfügung gestellt. 2022 feierten die Kobras ihren zuletzt grössten Erfolg, den Gewinn des U15-Meistertitels in Rümlang. Dafür mussten die Kobras national über ein dutzend Teams hinter sich lassen. Im Vorjahr unterlagen sie knapp im Final, Gegner war wiederum der Zürcher Lokalrivale, die Zurich Challengers. Carmen Lutz-Demetz, die wie Stefan als Junioren-Trainerin bei den Kobras wirkt, weiss: «Bei den Junioren können diejenigen Spieler und Spielerinnen, die weit schlagen können, zumeist auch schnell rennen.» Schon Junioren können die Bälle mit deutlich über 100 Stundenkilometern mit dem Schläger wegbefördern. Der Schläger besteht im Nachwuchsbereich noch vorwiegend aus Aluminium, bei den Aktiven dann aus Holz.
Entwächst man der Junioren-Abteilung der Kobras, folgt der nächste Karriere-Schritt im Erstliga-Team oder der NLB-Academy des Vereins. Auch die Junioren-Nationalteams können helfen, es später ins NLA-Team der Barracudas zu schaffen.
Eine Baseball-Partie wird zwischen zwei Teams zu neun Spielern ausgetragen. Im Regelwerk heisst es: Ein Team hat das (Offensiv-)Schlagrecht, das andere befindet sich im Feld auf den neun üblichen Positionen. Es sind dies der Pitcher, Catcher, vier Infielder (1st Baseman, 2nd Baseman, Shortstop zwischen dem 2. und 3. Base, und 3rd Baseman) und drei Outfielder (Left, Center, Right). Von der Offense befindet sich nur der jeweilige Batter (Schlagmann) im Feld. Die anderen rücken als weitere Batter nach, sobald der Schlagmann entweder out ist oder zum Läufer wird. Nur die jeweilige Offense kann Runs (Punkte) erzielen; dies geschieht, wenn einer ihrer Spieler es schafft, durch einen geglückten Schlag als Batter zum Runner zu werden und die drei Bases gegen den Uhrzeigersinn der Reihe nach in einer oder mehreren Etappen vollständig abzulaufen und zur Home Plate zurückzukehren, ohne dabei out gemacht zu werden. Der Pitcher und seine Defense versuchen dies zu verhindern, indem sie drei Spieler der Offense out machen. Bei drei Outs tauschen die beiden Teams ihre Rollen; dann noch auf den Bases befindliche Runner können nicht mehr punkten, denn nach dem Wechsel sind immer alle Bases leer.»
Richard Stoffel
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