Der Gemeindepräsident tritt zurück
Nach 12 Jahren im Rümlanger Gemeinderat davon sieben als Präsident tritt Peter Meier-Neves per Mitte 2025 zurück. Die zeitliche Belastung neben Beruf und Familie ist ihm zu gross geworden.¶
Peter Meier-Neves ist seit 12 Jahren im Gemeinderat Rümlang, davon seit 2018 als Präsident.
Nach 12 Jahren im Rümlanger Gemeinderat davon sieben als Präsident tritt Peter Meier-Neves per Mitte 2025 zurück. Die zeitliche Belastung neben Beruf und Familie ist ihm zu gross geworden.¶
Rümlanger: Wann haben Sie entschieden zurückzutreten? Gab es einen bestimmten Auslöser?
Peter Meier-Neves: Der Entscheid, nicht für eine 3. Legislatur als Gemeindepräsident zu kandidieren fiel bereits im Sommer 2023. Der Grund liegt in meinem Lebensplan. Ich werde 2028 pensioniert und die 3. Legislatur würde bis 2030 dauern. Einen bestimmten Auslöser gab es somit nicht. Doch wurde mir während der letzten Finanzplanung bewusst, dass ich für die anstehenden Aufgaben die notwendige Zeit nicht aufbringen kann. Ich könnte bis zum Ende der Legislatur bleiben, doch beginnen im nächsten Jahr viele neue Projekte. Es ist sinnvoll, wenn die Nachfolge diese von Anfang an betreut. Dann gab es noch eine Reihe von anderen Ereignissen: Unerwartete Todesfälle von gleichaltrigen Kollegen in meinem beruflichen Umfeld oder auch Erkrankungen von nahestehenden Personen. Das gibt einem zu denken.
Welche Aufgaben haben am meisten Zeit gekostet? Welche am meisten Nerven?
Viel Zeit kosten langwierige Verwaltungsprozesse. Die Aufhebung eines Reglementes oder einer Verordnung braucht unter Umständen Monate. Aus der Privatwirtschaft bin ich mir etwas anderes gewöhnt. Ein Beispiel ist die Deponie Chalberhau: Die Vergrösserung stand bereits bei meinem Vorgänger im Programm, ist aber noch immer nicht umgesetzt. Genervt habe ich mich vor allem über mich selbst. Darüber, dass mich die politischen Geschäfte Tag und Nacht begleiteten und es mir nicht besser gelungen ist, abzuschalten.
Was hat Ihnen in all den Jahren Auftrieb gegeben, Sie motiviert?
Die Aufgabe per se sind spannend und für die Rümlangerinnen und Rümlanger etwas Gutes zu bewirken. Sehr genossen habe ich die vielen Gespräche mit den Leuten auf der Strasse, beim Einkauf oder im Gemeindehaus. Letzthin meldete sich ein Mann für die Sprechstunde an einfach, um mich kennenzulernen und mit etwas schwatzen. Ein schöner Moment. Motivierend waren auch grosse Herausforderungen, wie die Pistenverlängerung, die Waldaktivisten oder die Eventhalle.
Was waren die grossen Herausforderungen?
Die grösste Herausforderung war alles unter einen Hut zu bringen. Familie, Beruf, Amt und Gesundheit. Alle haben ihre berechtigten Ansprüche, aber der Tag ist limitiert.
Was waren die grössten Erfolge?
Ha. Gute Frage. Das ist immer eine Frage der Sichtweise. Der Gemeinderat und die Verwaltung hat die letzten sechs Jahre sehr Vieles umgesetzt und bewältigt: die Corona-Pandemie, die Reorganisation der Verwaltung, die Einheitsgemeinde und die Integration der Primarschule, das 1100 Jahre-Jubiläum, das Räumliche Entwicklungskonzept (REK) mit der neuen Bau- und Zonenordnung und dem Verkehrsplan, die Pistenverlängerung, die Privatisierung der Kinderkrippe «Schatzinsel», die Digitalisierung und der Einsatz von KI oder die Deponie Chalberhau mit den Aktivisten.
Wie haben Sie die Zeit generell erlebt? Was wird Ihnen fehlen?
Die Zeit ging extrem schnell vorbei. Jede Woche war getrieben von etlichen Sitzungen, Abklärungen und Diskussionen. Sicher fehlen werden die regelmässigen Treffen vieler Leute, die vielen Gespräche auf der Strasse oder an Veranstaltungen.
Welche Erfahrungen haben Sie persönlich weitergebracht?
Eine gute, aber schwierige Frage. Vieles empfinden wir heute als selbstverständlich. Wenn wir genauer hinschauen, merken wir aber, dass dem eben nicht so ist. Keine Selbstverständlichkeit ist beispielsweise, dass die Familie über Jahre hinter dir steht, dir den Rücken freihält, dich pflegt, wenn du krank bist oder dir den Spiegel hinhält, wenn sie etwas als falsch empfindet und dass du dich auf sie verlassen kannst. Es gibt nichts Wertvolleres.
Welche Rückschläge haben am meisten weh getan? Ist aus ihnen auch etwas gewachsen?
Sachliche Rückschläge habe ich keine erlebt. Im Gemeinderat bin ich nicht immer durchgekommen aber an den Gemeindeversammlungen wurde kein einziges Geschäft abgelehnt. Wir haben uns manchmal zu viel vorgenommen, das dann mehr Zeit benötigte. Eher ein Misserfolg ist die Eventhalle mit der Unterführung. Seit 2018 sind wir dran – ohne Resultat. Ich hätte mich auf die Halle gefreut aber während meiner Amtszeit wird sie sicher nicht mehr erstellt.
Wenn Sie die Persönlichkeit Peter Meier von vor 12 Jahren mit der heutigen vergleichen – wie hat sie sich mit dem Amt verändert? Was lernt man in so einem Amt?
Die Frage müsste Ihnen eigentlich meine Familie beantworten, sie erlebt mich ja jeden Tag. Sie würde sagen, dass ich in den letzten 12 Jahren enorm ungeduldig wurde, was ich bejahen müsste. Vieles läuft parallel, die Zeit ist immer knapp, das Handy summt und brummt. Die Stressfaktoren strapazieren die Geduld. Gelernt habe ich, dass der direkte Weg nicht immer der schnellste ist. Gerade bei unterschiedlichen Meinungen ist es im politischen Alltag wichtig, alle abzuholen, um eine möglichst gute Lösung zu finden.
Worauf mussten Sie wegen des Amtes verzichten, für das Sie jetzt wieder Zeit haben werden?
Schachspielen, dafür hatte ich keine Zeit mehr, was ich sehr bedauert habe. Etwas Sport täte gut und darauf freue ich mich. An oberster Stelle wird die Zeit mit meiner Familie stehen. Einfach wieder mal einen Sonntag zusammen geniessen, ohne zeitlichen Druck für die Vorbereitung von Sitzungen oder das Lesen von Akten.
Haben Sie auch neue Pläne für die Zukunft?
Beruflich werde ich mein Pensum wieder erhöhen. Ich habe zum Glück einen sehr guten Arbeitgeber, der mir das Amt die letzten 12 Jahre ermöglichte. Persönlich liegt mir viel daran, meiner Familie und den Hobbys mehr Zeit einzuräumen. Gerne würde ich die Bootsprüfung absolvieren, das würde sich gut mit dem Fischerei-Ausweis ergänzen, den ich mit meiner Frau zusammen gemacht habe.
Sind schon Kandidatinnen oder Kandidaten für die Nachfolge bekannt?
Nein. Der Gemeinderat wurde erst am vergangenen Dienstag über meinen Rücktritt orientiert. Jetzt werden sich sicher einige Gedanken in diese Richtung machen.
Wen würden Sie als geeignete Nachfolge sehen?
Dazu werde ich mich nicht äussern. Das wäre nicht fair. Jede Person kann an der Aufgabe wachsen. Von daher kämen verschiedene Leute in Frage.
Können Sie Ihrer Nachfolge ein, zwei Tipps mit auf den Weg geben?
Erlaube dir Fehler zu machen, lerne daraus und wachse daran. Sei hartnäckig und die erste Antwort ist selten die Beste. Vertraue dir selbst, besonders unter Druck.
Interview: Bernadette Dettling
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