In der Spielgruppe die Sprache lernen
Kleinkinder erwerben die Sprache, indem sie diese erleben. In Rümlang unterstützt eine Spielgruppe die Kinder mit alltagsintegrierter Sprachbildung.
Spielgruppe
Kleinkinder erwerben die Sprache, indem sie diese erleben. In Rümlang unterstützt eine Spielgruppe die Kinder mit alltagsintegrierter Sprachbildung.
Rümlang. Die Sprachförderung im Vorschulalter im Kanton Zürich begann 2018 mit Kärtchen. Zwei Kärtchen, welche die Kinder wie Puzzle-Teile aneinanderlegen sollten, ergaben jeweils ein Bild: Eine Puppe, eine Banane, ein Hund – Dinge, die den Kindern aus ihrem Alltag bekannt waren. Die Erzieherin benannte das Bild mit der Idee, ihr Gegenüber würde sich den Begriff merken können. «Kon Lab» hiess das Spiel. Dessen Zielgruppe waren hauptsächlich fremdsprachige Kinder, aber auch solche mit Muttersprache Deutsch, deren Wortschatz Defizite hatte. Sie sollten ähnliche Startbedingungen erhalten, wie die andern und Gefühle ausdrücken, Anweisungen verstehen, Wünsche aussprechen können – Dinge, die im sozialen Umgang wichtig sind. Gabi Reiss legt zwei Schachteln «Kon Lab» auf den Tisch des Spielgruppenraums, im Erdgeschoss des Begegnungszentrums 90i in Rümlang. Das Design auf der Box wirkt schulmeisterlich, wie der Name, die Abbildungen auf den Kärtchen sind aufs Wesentliche reduziert. Reiss ist Kleinkinderzieherin und Spielgruppenleiterin mit einer Zusatzausbildung für Sprachförderung. Seit rund 40 Jahren arbeitet sie mit Kindern. «Wir haben die Kärtchen damals in der Spielgruppe ausprobiert», erinnert sie sich, «sie haben sich nicht bewährt.» Das «Kon Lab»-Projekt sei von einem Forschungsteam der pädagogischen Hochschule begleitet worden. Auch dieses sei nach der Pilotphase zum Schluss gekommen, dass die Kärtchen nicht den gewünschten Erfolg brachten. Aus der Sprachforschung weiss man heute warum: Das emotionale Erleben fehlt. Oder wie Reiss es ausdrückt: «Die Kärtchen gehen nicht ins Herz.»
Gabi Reiss hat ein grosses Herz für Kinder. Sie geht gerne auf sie ein, auf ihre kreativen Ideen im Spiel, ihre Freude am gemeinsamen Erleben. «Das Vorschulalter ist dankbar», sagt sie, «weil die Kinder noch nichts müssen.» Sie dürfen Spass haben. Für den frühen Spracherwerb sei das die beste Ausgangslage. Reiss spricht viel mit den Kindern. Was sie sagt, bezieht sich auf das, was sie gerade tun, sehen, hören, riechen, schmecken oder fühlen. Die Erzieherin kommentiert, was sie spielen. Nicht: «Was spielst du?» sondern «Du spielst den Doktor», sagt sie zu einem Kind, das mit einem Stethoskop und einer Arzttasche unter den Tisch gekrochen ist. Und als die Kleinen sich bereit machen, um nach Hause zu gehen, benennt Reiss jedes Kleidungsstück: «Hier ist deine Jacke. Wo ist deine Mütze? Ah, hier ist die Mütze.» Somit bleibt die Unterhaltung immer nah am aktuellen Erleben der Kinder. Wie man heute weiss, ist das zentral für den Spracherwerb. «Wir hatten einen dreijährigen Jungen hier», erzählt die Spielgruppenleiterin, «der monatelang still und fröhlich spielte. Er sagte kein Wort. Und eines Tages, völlig überraschend, begann er zu reden. Seine Aussprache war korrekt und er kannte ganz viele Wörter.» Dieses Beispiel illustriert, dass Kinder unterschiedlich lernen – die einen sagen von Anfang an jedes Wort nach, andere lernen für sich, bevor sie loslegen und wieder andere verstehen, sind aber zu schüchtern, um sich in eine Unterhaltung einzubringen. «Im Moment haben wir vier albanische Kinder hier», erzählt Reiss weiter. «Sie haben herausgefunden, dass sie dieselbe Sprache sprechen und unterhalten sich auf Albanisch.» Jetzt sei sie die, die nichts verstehe. «Die Kinder haben das gemerkt und übersetzen, wenn ich nachfrage. So lernen sie auch Deutsch.»
Eltern, die Interesse an der Sprachentwicklung ihrer Kinder zeigen oder Schwierigkeiten haben, hilft die Spielgruppenleiterin gerne weiter. Unter anderem empfiehlt sie die Website kinder-4.ch, die viele Ideen enthält, wie man dem Nachwuchs einen reichen Wortschatz mitgeben kann – egal in welcher Sprache. Unter anderem zeigen Kurzfilme Alltagssituationen, die sich für eine gezielte Sprachförderung gut eignen, wie der Einkauf im Supermarkt oder der Besuch auf dem Spielplatz. Die Spielgruppe mit Sprachbildung findet in Gruppen von maximal 10 Kindern zwei Mal wöchentlich statt. Kinder ab 2.5 Jahren können die Spielgruppe besuchen. Die erste Gruppe trifft sich jeweils Dienstag und Donnerstag, von 8.45 bis 11 Uhr, die zweite Dienstag und Donnerstag, 13.30 bis 15.45 Uhr, im Begegnungszentrum 90i, in Rümlang. Anmeldung und Auskunft: Gabi Reiss, Spielgruppenleiterin und Kleinkinderzieherin, Telefon 079 334 00 13, gabi.reiss@bluewin.ch
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